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Heute bin ich

Mies van Hout:
Heute bin ich.

Aracari, 2013.
ISBN: 978-3-905945-30-0
48 Seiten, EUR 13,90 (ab 3 J.)

Zu meiner Kinderzeit gab es in den Wachsfarbenschächtelchen immer ein Kratzwerkzeug. Wenn man ein Blatt erst mit leuchtenden Farben bemalte und dann diese dann mit Schwarz zudeckte, konnte man durch Kratzen den bunten Untergrund wieder zum Vorschein bringen, eine Technik, die sogar Paul Klee anwandte. Die Bilder von Mies van Hout haben einen ähnlichen Charakter, sind aber mit Pastellkreiden auf schwarzes Papier gemalt. Der Titel „Heute bin ich“ ist entweder philosophisch zu verstehen oder er macht neugierig. Auf jeder Doppelseite sieht man einen Fisch, dem man ansehen kann, wie es ihm gerade geht. Es ist spannend, immer wieder neu zu erraten, welche Stimmung gerade vorherrscht, indem man die Seite mit dem Adjektiv abdeckt. Ist es ein positives oder ein negatives Gefühl? Ist der Fisch aktiv und energiegeladen oder traurig und zurückgezogen? Danach werden die ganz feinen Unterschiede offenbar, denn „erschrocken“, „erstaunt“ und „verblüfft“ sehen völlig anders aus. So lässt sich nebenbei die Ausdruckskraft stärken und differenzieren. Allein schon die verschiedenen Schriften sind eine Augenweide: die Farben und die Art der Buchstaben entsprechen dem Bild. Bei dem verwirrten Fisch zum Beispiel werden sie chaotisch und verknäult. Mal sind sie knallbunt, mal verwischt, mal zittrig, mal ausgespart. Die Fische selbst verblüffen durch ihre treffende Mimik, ihre Vielfalt und ihre satte Leuchtkraft. Jeder findet sich in ihnen wieder und es ist gut, dass es alle positiven und negativen Facetten geben darf. Welches Gefühl wohl der Fisch auf dem Titelbild verkörpert? Vielleicht ist er einfach froh. Der glückliche Fisch vom Ende indes ruht satt und zufrieden in sich. So verschieden kann sich Lebensfreude anfühlen.

Ein Bilderbuch mit hohem Aufforderungscharakter, das alle sofort anspricht und plastisch wird, Kleine wie Große.

© by Ulrike Schmoller
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