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Jutta Richter:
Hechtsommer.

Hanser, 2004.
ISBN: 3-446-20518-7
128 Seiten, EUR 12,90 (ab 12 J.)

Angeln ist nicht schwer, man braucht dazu nur eine Schnur, einen Haken, einen Köder und etwas Geduld. Die glitschige Beute dann aus dem Wasser zu holen, den Haken aus dem Kiefer zu winden und den Fisch zu töten, kostet dagegen einige Überwindung. Anna findet das eklig, doch ihr Freund Daniel hat es sich in den Kopf gesetzt, den großen Hecht zu fangen, denn für ihn ist es, als ob er damit seine Mutter wieder gesund machen könnte. Doch Gisela hat Krebs und die Sorge um sie überschattet diesen letzten Kindersommer, den Daniel, Lukas und Anna miteinander verbringen. Anna spürt ihre Wut, weil ihre eigene Mutter sich viel um die Jungen kümmert, ihre Scheu der Wahrheit ins Auge zu sehen und ihre Hilflosigkeit zu trösten, wo sie doch selbst noch ein Kind ist. Sie überwindet ihre Abneigung gegen das Angeln den beiden Jungen zuliebe. Doch dann fällt der Moment, in dem sie den Hecht aus dem Wasser ziehen genau mit dem Abschied Giselas zusammen.
Das Zusammenhalten der Kinder in einer schweren Zeit wird hier zum Hauptmotiv. Auch wenn die Freundschaft nicht mehr selbstverständlich ist und die ersten Brüche bekommt, auch wenn die ernsten Seiten des Erwachsenenlebens sich dunkel in diesen Sommer hereindrängen, versuchen die drei doch füreinander einzustehen. Am traurigsten und einsamsten kommen sie einem vor als sie die Existenz eines Gottes und ihrer Schutzengel ebenso ablegen wie Osterhase und Weihnachtsmann. Doch auch der Glaube an den Hechtgott, an dem sie sich festgehalten haben, konnte den Tod nicht abwenden.
Ein trauriges, aber ganz ehrliches Buch über den Abschied von der Kindheit und von einem geliebten Menschen.


© Ulrike Schmoller
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