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Barbara Veit:
Hannah liebt nicht mehr.

Hanser, 2004.
ISBN: 3-445-20442-3
192 Seiten, EUR 14,90 (ab 15 J.)

Es gibt nur eine einzige Kritik – der erste Satz ist stinklangweilig. Wenn man den geschafft hat, wird man innerhalb weniger Minuten in eine Geschichte hineingezogen, die einen an die Grenzen bringt: Was ist menschlicher Kontakt wert, was ist die Liebe, wie extrem ist man als junger Mensch, wie weit kann man sich isolieren, ohne an der Einsamkeit zu zerbrechen?

Hannah ist 17 und liebt Clemens, doch das stellt sich schnell als ein großer Irrtum heraus. Das allein ist schon ausgesprochen schmerzhaft, doch Hannah erlebt, dass sie durch diesen Schock und den Vertrauensbruch ihrer bislang besten Freundin Saskja plötzlich zum Leben keine Verbindung mehr hat. Sie schließt sich in ihrem Zimmer ein und versinkt immer mehr in eine abgrundtiefe Depression. Ihre Eltern, die versuchen, ins Zimmer zu gelangen, geraten in Panik, sie wissen weder von Hannahs gescheiterter Beziehung zu Clemens noch von ihrer ungeheuren Einsamkeit etwas. Ein Zettel, auf dem „Margrett" steht, der Name einer Schulfreundin von Hannahs Mutter Annie, ist das einzige Zeichen, das Hannah gibt. Margrett, eine Journalistin, die zu Hannah eine gute Beziehung hat, erscheint. Sie setzt sich vor Hannahs verriegelte Zimmertür und beginnt zu erzählen. Geheimnisse, Tagebuchnotizen, Gedanken und Erlebnisse aus ihrem Leben, die auch Margrett selbst aufzeigen, dass jeder Mensch tiefgehende Einsamkeitserfahrungen, Rückzüge aus dem normalen Leben und das Durchstehen regelrechter Angstkrisen als Wachstumschance erlebt. Margrett spricht bis zur Erschöpfung und endlich kommt ein Lebenszeichen aus Hannahs Zimmer. Es dauert noch viele Geschichten lang, ehe Hannah aus der Tür kriechen kann und sich langsam wieder ins Leben zurücktastet. Sie hat wieder Verbindung und sieht, dass nicht nur sie, sondern auch Margrett, ihre eigenen Eltern, die an dieser Geschichte lernen, ihre eigene Beziehung, die unterdrückten Wünsche und Sehnsüchte, neu zu definieren, und ihre Freunde Menschen mit Fehlern, Schwächen, aber auch liebenswerten Eigenschaften sind. Barbara Veit zeigt an der extremen Reaktion Hannahs, wie wichtig es ist, Jugendlichen eine Vertrauensperson außerhalb der Familie zu geben, wenn alle innerfamiliären Bindungen gekappt werden. Jugendliche Leser finden sich in Hannahs Verzweiflung wieder und erleben anhand ihrer Trauer mit, dass man auch absolut existenzielle Krisen überstehen und daraus auf eine neue Art und Weise gestärkt hervorgehen kann.

Ein sehr eindringliches Buch, das aufzeigt, dass Liebe nichts ist, was von anderen gefordert werden darf, sondern selbst geschenkt werden möchte.


© Christine Krokauer
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