© www.litterula.de

Andreas Steinhöfel:
Rico, Oskar und die Tieferschatten.

Carlsen, 2008.
ISBN: 978-3-51-55551-9
224 Seiten, EUR 12,90 (ab 9 J.)

Rico ist ein "tiefbegabtes" Kind, in dessen Kopf die Bingokugeln oftmals viel zu schnell durcheinanderpurzeln. Er kann viel denken, nur sehr langsam, und manchmal purzelt auch einfach etwas aus seinem Kopf heraus. Der Schulweg zu seinem Förderzentrum geht zum Glück fast nur geradeaus, da kann er sich nicht verlaufen. Kleinigkeiten wie die Fundnudel, die auf der Straße vor ihrem Haus liegt, können ihn lange beschäftigen. Seine Lieblingsbeschäftigung ist es, die anderen Hausbewohner in der "Dieffe" zu besuchen, die auch alle so ihre Eigenheiten haben. Sein Leben ändert sich grundlegend als er Oskar, den Jungen mit dem Motorradhelm kennenlernt, der hochbegabt ist und genauso ein Außenseiter wie er. Rico freut sich darauf, mit Oskar am Landwehrkanal entlangzuspazieren, doch zum verabredeten Termin versetzt dieser ihn. Kein Wunder, denn Oskar ist das sechste Opfer von Mister 2000 geworden, der Berliner Kinder entführt und jeweils 2000 Euro von ihren Eltern erpresst. Oskars kleines rotes Ansteckflugzeug bringt Rico auf seine Spur, die ganz in seine Nähe führt. Nun muss er seinen Kopf mächtig anstrengen, doch mit einer Menge Dusel kann er Oskar tatsächlich aufspüren und herausbekommen, was es mit den Tieferschatten im Hinterhaus auf sich hat, die er immer für den Geist der alten Frau Bonhöfer gehalten hat.

Was Rico da als Ferientagebuch für seinen Förderlehrer aufschreibt und immer wieder durch Karteikarten ergänzt, auf denen er sich Begriffe mit seiner Weltsicht zu erklären versucht, ist so schräg und witzig, dass es zum reinen Vergnügen wird. Rico ist unser Held, wir lieben ihn. Neben der Spannung und dem lakonischen Stil versteht sich Andreas Steinhöfel aber auch auf tiefmenschliche Dinge, die der Geschichte Wärme geben, wie "das graue Gefühl", das Rico in vielen Wohnungen findet, das ist als ob alle deine Gefühle in einem Rollstuhl sitzen, der nicht fahren kann. Jeder Mensch ist, so skurril er sich auch verhalten mag, eine Bereicherung.

Dieses absolut liebenswerte Buch kann nur allerwärmstens weiterempfohlen werden.

© Ulrike Schmoller
www.litterula.de