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Werner Kuhfuss:
Die Waldorfkindergartenpädagogik.

Verlag Ch. Möllmann, 2005.
ISBN: 3-89979-036-7
103 Seiten, EUR 13.--

Von Zeit zu Zeit wird es notwendig, das Gewordene genau zu überprüfen, Gewohntes in Frage zu stellen, sich von eingespielten Traditionen zu verabschieden und die Karten neu zu mischen, damit der Strom des Lebendigen nicht versiegt. Den Zündstoff, um die Waldorfkindergartenpädagogik in Schutt und Asche zu legen, bietet Werner Kuhfuss mit diesem Buch. Ob ein Phoenix daraus aufsteigen kann oder ob es selbst auf dem Scheiterhaufen des Unmuts verbrannt wird, mag die Leserschaft entscheiden.

Sein Hauptvorwurf lautet, die Waldorfkindergartenpädagogik sei dem "Jesuitismus" verfallen, der Unfreiheit des Willens, die sich sowohl in der Prägung des kindlichen Ätherleibes durch eine starre Zeiteinteilung, einem bloßen Vollziehen von Vorgedachtem durch die Erziehenden wie durch den Machtmißbrauch der Nachahmungskräfte äußert. Brave und angepaßte Idealkinder würden da herangezogen, die einem Modell entsprechen müssen statt ihre vorgeburtlichen Ziele zu verwirklichen, die in einer Püppchen- und Zwergenwelt infantilisiert werden statt in den Kulturmysterien unterwiesen zu werden und damit lediglich die pädagogische Absicht der Erwachsenen nachahmen können und nicht einen Kulturimpuls. Die Kindergärtnerinnen hielten aus Angst vor dem Chaos an gewohnten, festgefügten Ritualen fest und griffen damit massiv in das Willensleben der Kinder ein, der Zeiterscheinung, dass das Spiel immer mehr versiegt, werde durch noch mehr vermeintlich gute pädagogische Impulse geantwortet. Er sieht die Zukunft im zur Verfügung Stellen von echten Werkstätten, in denen Erwachsene, die es zu einer gewissen Meisterschaft gebracht haben, ihrer fleißigen und rhythmischen Arbeit nachgehen. Nur unter dieser Bedingung könnten die Kinder in eine freie, absichtslose Nachahmung kommen. Das "suchende schöpferische Heranbringen von sinnlich erfahrbaren Elementen" unter Einbeziehung der ätherischen und elementarischen Welt werde so zum authentischen Erziehungsmittel. Den Kindergartenmitarbeiter sieht er als sozialen Künstler, der als "Herz" den vorhandenen Kreislauf durch seine Ich-Kraft reguliert statt willentlich zu pumpen, einen der nicht dem Kind gegenüber, sondern hinter ihm steht und in die Zukunft blickt.

Kuhfuss wagt den Befreiungsschlag, schaut bis in die Entstehungszeit der Waldorfkindergartenpädagogik zurück und hinterfragt ihre Entwicklung gründlich und deutlich. Nach der ersten Empörung, dem Aufschrei des eigenen Gewohnheitsleibes und der Rationalisierung des alltäglichen Tuns stellt sich eine wohltuende Belüftung jenseits moralisierender Enge ein. Seine Beobachtungen sind durchaus schlüssig hergeleitet und begründet, das anvisionierte Modell ist im Prinzip von Anfang an der Kern der Waldorfkindergartenpädagogik gewesen. Welche Waldorfkindergärtnerin und welche Familienmutter weiß nicht , dass sie selbst mit echter, pulsierender Freude ihrer Arbeit nachgehen muss, damit die Kinder daneben ins Spiel kommen?

Kuhfuss' Buch kann sensibilisieren für den toten Punkt, an dem man den Zugang zu den spirituellen Quellen verliert und anfängt leere Hüllen zu bilden, kann anregen neu darüber nachzudenken, was Waldorfpädaogik eigentlich ist.


© by Ulrike Schmoller
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