Ich erinnere mich noch genau, wie Michaela Glöckler auf einer Hausmüttertagung in Dornach vor Jahren in einem Vortrag den müden Müttern die Anregung gab, auch in einem chaotischen Zimmer den Jahreszeitentisch immer schön zu gestalten und gegebenenfalls den Stuhl des Besuchers so auszurichten, dass dessen Blick auf diesen Tisch fällt. In der Tat kann diese besondere Ecke in einer Familie oder Einrichtung zu einem Ort der Erholung werden, der die Sehnsucht nach Andacht stillt und für Kinder den Jahreslauf durch Bilder greifbar macht. Dazu müssen die Erwachsenen für sich den geistigen Hintergrund entdecken und herausfinden, was für sie das Wesentliche an einem Fest oder Brauch ist. Zu diesem Zweck gibt die Autorin für jeden Monat eine Einstimmung, auf die eine Fülle an Gestaltungsbeispielen folgt, die bezaubernd fotografiert sind und inklusive detaillierter Anleitungen daherkommen. Angefangen beim Tisch selbst, den farblich wechselnden Tüchern und etwa dem Töpfern einer praktischen „Vasenanlage“, der Herstellung von eigenen Filzplatten oder von Dekoration für den Außenbereich zeigt sie, wie man verschiedene Püppchenmodelle aufbaut, Tiere, kleine Holzgegenstände (Schlittschuhe!) und Naturwesen herstellen kann. Dabei kommt das Wesenhafte der Pflanzen so überzeugend zum Ausdruck, dass man nicht genug staunen kann. Am besten haben mir die Erdbeer-, Möhren-, Apfelschnitz- und Kartoffelkinder gefallen. Aber auch die Singvögel, die Meerjungfrau und das Einhorn sind einfach köstlich. Die Schwierigkeitsgrade sind unterschiedlich und am Ende sind alle Schnittmuster in Originalgröße zu finden. Schon wenn man dieses schwere, wertig gestaltete Buch mit den herrlich dicken Seiten in die Hand nimmt, hat man das Gefühl, eine Schatztruhe zu öffnen. Cristina Cevales-Labonde ist ein überaus ansprechendes Grundlagenwerk gelungen, das in der Waldorfbewegung noch lange von Hand zu Hand gehen wird.
