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Weitertragen. Wege nach pränataler Diagnose

Kathrin Fezer Schadt / Carolin Erhardt-Seidl:
Weitertragen. Wege nach pränataler Diagnose.

Edition Riedenburg, 2018.
ISBN: 978-3-902943-13-2
332 Seiten, EUR 27,90

In diesen Tagen wurde in Irland für eine Lockerung des Abtreibungsrechts abgestimmt. Es wurde angeführt, dass dort ein Abbruch selbst nach einer Vergewaltigung nicht erlaubt war oder wenn das Kind außerhalb des Mutterleibs nicht lebensfähig wäre. Die Selbstverständlichkeit, mit der in diesem Fall eine Abtreibung als einzig mögliche Lösung gesehen wurde, ließ aufhorchen. Gibt es Alternativen dazu? Das Buch „Weitertragen“ beschäftigt sich intensiv mit dem Thema Pränataldiagnostik und möchte dafür sensibilisieren, was für Konsequenzen ein auffälliger Befund haben kann. So können die Eltern können von ihrem Recht auf Nichtwissen Gebrauch machen bzw. sich bereits vor der PND Gedanken machen, was die Diagnose für sie und ihr Kind bedeuten kann. Den beiden Autorinnen ging es nicht darum, ein Anti-Abtreibungsbuch zu schreiben, sondern den Eltern und fachlich Beteiligten völlig wertfrei alle denkbaren Wege offen zu legen, damit sie auf Grundlage ihres Wissens und der Erfahrungsberichte von Betroffenen eine wirklich freie und bewusste Entscheidung treffen können. Es werden verschiedene Diagnostikverfahren vorgestellt und konkrete Schritte für eine einfühlsame Begleitung der betroffenen Familien und die Selbstsorge des Personals vorgestellt. Häufige Krankheitsbilder und ihre Prognosen werden genannt. Ist eine intrauterine Therapie möglich, muss ein Abbruch, etwa zum Schutz eines Zwillings, vorgenommen werden oder soll das Ungeborene ausgetragen werden? Benötigt es nach der Geburt Operationen, soll es in eine Pflegefamilie vermittelt werden oder soll eine palliative Geburt vorbereitet werden? Wie lässt sich das Leben mit einem behinderten Kind bewältigen? Die Autorinnen klammern unangenehme Gefühle nicht aus und wenden sich dem Thema mit einem ehrlichen und klaren Blick sowie fein ausgelotetem Verständnis für die Bedürfnisse der Betroffenen zu. Sie gehen auf den Widerspruch ein, dass Frühstgeborene oftmals mit Maximalversorgung und schweren Schädigungen überleben, während Ungeborene mit Trisomie 21 und guter Prognose abgetrieben werden. Ausschnitte aus den Interviews mit Eltern, Angehörigen und Fachleuten zeigen die Vielfalt der individuellen Schicksale und Fälle. Die Autorinnen ermutigen dazu, den Schmerz und die Trauer zu durchleben statt sie zu verdrängen und die Ungewissheit darüber auszuhalten, was kommen wird. Statt eines Abbruchs, der immer endgültig ist, zeigen die Autorinnen auf, wie die verbleibende Zeit mit dem ungeborenen, sterbenden oder besonderen Kind dennoch schön gestaltet werden kann und wie bleibende Erinnerungen geschaffen werden können. Der Ablauf einer palliativen Geburt wird ebenso bedacht wie die Bestattung eines Sternen- oder Himmelskindes. Dieses Buch scheint vor Fülle aus allen Nähten zu platzen, denn es wurde bis zum Rand bedruckt. Es öffnet den Blick für einen neuen Umgang mit der Pränataldiagnostik.

© by Ulrike Schmoller
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